Ruth Blach geb. Unger (Fechnerstraße 17)

Ruth Charlotte Unger wurde am 25. März 1922 geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Siegmund Unger und die Kindergärtnerin Edith Unger geb. Boehm. Ruth hatte einen 2 Jahre jüngeren Bruder, den am 27. Januar 1924 geborenen Heinz (Max Karl), der sich nach seiner Flucht nach Palästina Zwi Unger nannte. Die Eltern Siegmund und Edith hatten 1921 geheiratet, ließen sich aber schon 1926 wieder scheiden. Edith Unger heiratete daraufhin am 30. März 1929 im Standesamt des Rudolf–Virchow–Krankenhauses den Kaufmann Max Koppel (*6. Februar 1894). Die Familie bezog eine gemeinsame Wohnung in der Badenschen Straße 6 in Schöneberg.

Max Koppel hatte 2 Kinder aus seiner ersten Ehe mit Hertha Tietz, Erich und Evelyne, die vermutlich im Haus der Mutter in Zehlendorf lebten. Es ist nicht bekannt, unter welchen Umständen die Familie Unger/Koppel die erste Zeit des Nationalsozialismus verlebt habt. Heinz Unger und Evelyne Koppel erkannten frühzeitig, welches Schicksal sie ereilen würde und emigrierten. Heinz nach Palästina und Evelyne nach Amerika.

Ruth heiratete 1942 den 1917 in Stralsund geborenen Lederwarenhändler Hans Blach und zog mit ihm – vermutlich zur Untermiete in die Walter–Fischer–Straße 17 (heute Fechnerstraße). Hans hatte bis dahin bei seinem Vater Carl-Phillip Blach in der Schöneberger Karl-Schrader Straße 1 gewohnt. Angaben ihres Bruders zufolge war Ruth Krankenpflegerin.

Ruth und Hans Blach und Edith und Max Koppel gingen 1942 angesichts der drohenden Deportationen in den Untergrund. Der Buchhalter Helmut Bucksch gewährte ihnen ebenso wie Edith Langer geb. Tichauer an verschiedenen Orten Zuflucht. Edith Langer war eine entferntere Verwandte von Ruth, deren Großmutter Clara ebenfalls Tichauer hieß.

Am 29. Juni 1943 wurde gegen 12 Personen, die der „Hehlerei, Begünstigung des Wuchers, der Urkunden- und Passfälscherei, Kriegswirtschaftsverbrechen und der Entziehung der Evakuierung“ beschuldigt waren, Anklage erhoben:

„Edith Langer hat seit einem Jahr die Jüdin Edith Sara Koppel und vorübergehend auch den Juden Max Israel Koppel sowie deren Tochter Ruth Sara Blach verborgen gehalten und beherbergt, sodass sich alle drei der Evakuierung entziehen konnten. Sie ging sogar so weit, den Obengenannten gültige Postausweise zu besorgen und zu fälschen. …….Für die Beherbergung belieferte Koppel die Familie Langer mit Lebensmitteln und Lebensmittelkarten, die er im Schwarzhandel erwarb….“ ….Bucksch hat die Eheleute Blach seit Monaten beherbergt, damit sie sich der Evakuierung entziehen konnten. Für sein Entgegenkommen wurde er mit Zigaretten u.a. Waren beliefert. Er ist der Begünstigung und des Verstoßes gegen die Verbrauchsregelungsstrafverordnung überführt…..

Der in diesem Vorgang mehrfach genannte Hauptschieber Max Israel Koppel, 6.2.94 Berlin geb. konnte am 27.6.43 in der Wohnung des Justizsekretärs Langer, Hans, 18.7.92 Berlin geb., Bandelstraße 12 wohnhaft, überraschend festgenommen werden.“

Die verhafteten Jüdinnen und Juden wurden deportiert und ermordet, eine von ihnen starb im Berliner Gestapogefängnis, ihre Helferinnen und Helfer zu Haftstrafen verurteilt.

Ruth Blach und ihre Mutter Edith wurden einen Monat nach ihrer Verhaftung mit dem 40. Osttransport am 4. August 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Hans Blachs Deportation war – zusammen mit Max Koppel – für den 28. September 1943 vorgesehen. Er konnte aus dem Deportationszug fliehen, wurde aber wieder aufgegriffen und am 29. Oktober 1943 endgültig nach Auschwitz verschleppt, wo er ermordet wurde.

Ruths Vater Siegmund Unger wurde am 10. Januar 1944 zunächst nach Theresienstadt deportiert, am 29. September desselben Jahres weiter nach Auschwitz, wo er ums Leben gebracht wurde.

Ihr Stiefvater Max Koppel überlebte das Vernichtungslager Auschwitz. Er kehrte nach Berlin zurück und lebte in der Babelsberger Straße 52. 1954 starb er im Haus seiner ersten Ehefrau in Zehlendorf an Herzversagen.

Recherche und Text: Karin Sievert, Stolperstein Initiative Charlottenburg – Wilmersdorf 

Quellen:

  1. 1. Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945 
  2. 2. Brandenburgisches Landeshauptarchiv www.blha.de
  3. 3. Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten–Entschädigungsbehörde
  4. 4. Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin Landesarchiv Berlin
  5. 5. Deportationslisten
  6. 6. Mapping the lives 7. Arolsen Archiv
  7. 8. Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“
  8. 9. Yad Vashem – Opferdatenbank