Vorname Max
Nachname Joseph
Geburtsname
Geburtsdatum 04.08.1874
Geburtsort Stralsund
Wohnort(e)
  • Stralsund, Ossenreyerstraße 13
  • Stralsund, Ossenreyerstraße 53
Beruf Kaufmann Hut-und Modewaren
Geschäftsadresse
Familienstand verheiratet
Verwandschaftsverhältnis Ehemann von Charlotte Gertrud Joseph, geb. Blach
Deportation 05.06.1943, 20.07.1943 Westerbork, dann Sobibor
Todesdatum 23.07.1943
Sterbeort Sobibor

Max Joseph und Familie

Max Joseph wurde am 04. August 1874 in Stralsund als ältester Sohn des Kaufmanns Moritz Joseph (1844-1895) und seiner Ehefrau Josephine, geb. Tradelius (1847-1923) geboren. Seine Eltern waren zwei Jahre zuvor nach Stralsund gekommen und hatten 1873 die „Kurzwaren- und Posamentierhandlung“ von Daniel Schlesinger in der Ossenreyerstraße 13 übernommen. An dieser Adresse befand sich auch die Wohnung der Familie. Einige Jahre später erwarb Moritz Joseph die „Tuch-, Herrengarderobe und Tapetenhandlung“ des Kaufmanns Ludwig Boltenstern in der Ossenreyerstraße 53 und verlegte sein Geschäft an die neue Adresse. Das Gebäude, ein Eckhaus mit großen Fenstern, hatte eine exponierte Lage in der Einkaufsstraße.

Max Joseph absolvierte nach Beendigung der Schule eine kaufmännische Ausbildung und übernahm nach dem plötzlichen Tod des Vaters das Familienunternehmen.

Er war ein angesehener Kaufmann und heiratete am 06.Februar 1903 die Stralsunder Kaufmannstochter Charlotte Gertrud Blach (1878-1943) Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Der Sohn Martin wurde im November 1903 und die Tochter Rose-Marie am 17. März 1910 in Stralsund geboren.

Max Josephs Ehefrau Charlotte Gertrud war als Kaufmannstochter die Mitarbeit in der Firma gewöhnt und führte das Geschäft gemeinsam mit ihrem Mann. Ihre Tochter Rose-Marie Simons Joseph erinnert sich, dass sie sie oft an der Kasse sitzend antraf.1.

Die Familie Max Joseph war Mitglied der Synagogengemeinde. Dazu erzählt Rose-Marie 1988, rückblickend in einem Interview, das in dem Buch „Anne Frank war nicht allein“2als Zeitzeugnis veröffentlicht wurde: „Wir waren nicht religiös. Wenn wir (zu den hohen Feiertagen-d. A.) zur Synagoge gingen, ließ Vater seinen Zylinder in einem Köfferchen von einem Ladenmädchen voraustragen, damit ihn um Gottes Willen niemand sah. Auch politisch haben sie sich arrangiert: Von der Reichsfahne schwarz-weiß-rot wurde die rote Bahn abgetrennt, so erhielten wir die preußischen Farben schwarz und weiß, mit denen bei jeder sich bietenden Gelegenheit geflaggt wurde.“

1932 heiratete ihre Tochter Rose-Marie den Kaufmann Günther Weishut aus Hamburg. Ihre Hochzeit wurde nach jüdischer Sitte noch einmal am Wohnort der Braut in Stralsund unter Teilnahme der halben Stadt gefeiert.3

Angesichts der zunehmenden Gewalt und Hetze gegen Juden flohen Max und Gertrud Joseph noch vor dem Novemberpogrom von 1938 nach Den Haag. Rose-Marie und Günther lebten schon dort. Sie waren im Februar 1937 mit ihrem Sohn Peter von Hamburg aus in die Niederlande geflüchtet. Die Familie gehörte damit zu den 30.000 Personen, die in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wegen des Antisemitismus in die Niederlande flüchteten.

Gertrud war in Den Haag sehr unglücklich, vor allem, weil Max krank war und sie sich nach ihren Schwestern sehnte, die sie in Stralsund hatte zurücklassen müssen. Die Schwestern wurden im Februar 1940 nach Lublin und weiter nach Piaski deportiert und sind dort an den grauenhaften Lebensbedingungen gestorben. Kurze Zeit später wurde eine Verordnung erlassen, nach der die deutschen Juden die niederländischen Küstenorte zu verlassen und sich innerhalb von drei Tagen polizeilich an neuen Wohnorten zu melden hatten.

Weil ein Neffe Getruds bereits in Hilversum lebte, entschlossen sich Max, Gertrud, sowie Rose-Marie und Günther mit ihrem Sohn Peter, dorthin zu gehen. Bis sie ein für alle fünf möbliertes Haus fanden, lebten sie in einer Pension.

Anfang des Jahres 1942 kam dann die Verordnung, dass alle Juden sich in Amsterdam konzentrieren sollten. Von dort begannen die Deportationen. Max und Gertrud Joseph wurden am 05.Juni 1943 von der Gestapo aus ihrer Wohnung abgeholt – Max auf einer Bahre, weil er an Parkinson litt – und in das Sammellager/Durchgangslager Westerbork gebracht, wo sie bis zum 20. Juli 1943 verblieben. Am 20. Juli 1943 wurden beide mit dem 72. von 100 Transporten ab Westerbork in das Konzentrationslager Sobibor, Polen, deportiert. In diesem Transport waren 2209 Juden, davon 464 Kinder, in 50 Waggons zusammengepfercht. (Quellen: Gaby Glassman von der Joseph-Familie). Drei Tage später kamen die Deportierten in Sobibor an und wurden noch am gleichen Tag, am 23.Juli 1943, vergast.

Rose-Marie und ihr Ehemann Günther Weishut überlebten, ebenfalls der kleine Peter, der allein nach Bergen-Belsen verschleppt wurde und dort im Alter von neun Jahren befreit wurde.

Quellen:

  1. Zentrale Datenbank der Namen der Holocaust-Opfer, www.yadvashem.org
  2. Gedenkbuch-Opfer der Verfolgung von Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, www.bundesarchiv.de
  3. Standesamtliche Register der Stadt Stralsund
  4. Wikipedia, Geschichte der Juden in den Niederlanden
  5. Volker Jakob/Annet van der Voort: Anne Frank war nicht allein, Lebenserinnerungen von Juden in den Niederlanden, Dietz-Verlag
  6. Gaby Glassmann, Enkelin der Joseph-Familie.

1 So erzählt während einer Führung anläßlich des „Marsch(es) des Lebens“ am 13.02.2020 in Stralsund.
2 Volker Jakob/Annet van der Voort: Anne Frank war nicht allein, Lebensgeschichten deutscher Juden in den Niederlanden, Dietz-Verlag,
3 Siehe: Eberhard Schiel: Briefe ehemaliger Stralsunder Juden, Privatsammlung