Vorname John Ely
Nachname Horneburg
Geburtsname
Geburtsdatum 05.08.1860
Geburtsort New York, USA
Wohnort(e)
  • Stralsund, Semlower Straße 1
Beruf Antiquitätenhändler, Fotograf, Hausbesitzer
Geschäftsadresse Semlower Straße 1, Stralsund
Familienstand verheiratet
Verwandschaftsverhältnis Ehemann von Karoline Mars (1864-1947), Vater von Gustav Ludwig (1889-1963), Hans Victor (1890-1962), Ella (1891-1958), Gertrud (1893-1984), Wanda Sielaff (1899-1986), Käthe (1900-1977), Dora (1904-1972), Alexander (gefallen 1915)
Deportation keine, Überlebender
Todesdatum 21.02.1951
Sterbeort Göhren/Rügen

John Ely Horneburg und Familie

John Ely Horneburg wurde am 5. August 1860 in New York, USA, geboren. Sein Vater, Lasse Philipp Horneburg, war ein Hamburger Jude, der als Freiwilliger 1848/49 im Militär diente und zwölf Jahre später als amerikanischer Staatsbürger in den Reihen der Kontinentalarmee11 am amerikanischen Krieg von 1860 bis 1864 teilnahm. Seine Mutter Sophie, geb. Selke, war Hausfrau. Die Familienchronik erzählt, dass bei John in jungen Jahren eine Lungenkrankheit diagnostiziert wurde, worauf die Ärzte den Eltern rieten, nach Europa zurückzukehren. Wieder in Deutschland, erlernte John Horneburg später den Beruf eines Polsterers und Tapezierers. Seine Leidenschaft galt aber der Fotografie.

John Ely war seit 1884 als Fachfotograf auf Rügen22 tätig und betrieb in Göhren ein Fotofachgeschäft33. Nebenbei beschäftigte er sich mit dem Ankauf von Antiquitäten. Ab 1908 sind geschäftliche Beziehungen zwischen John Horneburg und dem „Museum für Antiquitäten und Altertümer Vorpommerns“, dem heutigen STRALSUND MUSEUM, dokumentiert44. 1888 heiratete John Ely die in Sagard geborene Gastwirtstochter Karoline Friederike Johanne Mars (1864-1947). Karoline war Nichtjüdin und evangelisch getauft.

1918 zogen die Horneburgs nach Stralsund, wo John Ely in bester Altstadtlage55 ein Antiquitätengeschäft eröffnete. Dasselbe Haus diente ihm und seiner großen Familie als Wohnung. Die Geschäfte gingen gut und nach einiger Zeit konnte er zusätzlich das Wohnhaus Mühlenstraße 11 erwerben. Beide Häuser stehen heute nicht mehr.

Das Ehepaar Horneburg hatte zehn Kinder, die alle evangelisch getauft wurden. Die drei Söhne, Hans Victor (Jg. 1890), Gustav Ludwig und Alexander, nahmen als Freiwillige bzw. Wehrdienstleistende am Ersten Weltkrieg teil, wurden mehrfach verletzt und ausgezeichnet. Der Jüngste, Alexander, fiel 1915 bei der Schlacht vor Dünaburg/Daugavpils, Lettland. Von den sieben Töchtern Horneburgs – Ella Sophie (Jg.1891), Gretchen (Jg.1892), Gertrud (Jg.1893), Lucy (Jg.1896), Wanda (Jg.1899), Dora (Jg.1904) und Käthe (Jg.1900), starben Gretchen und Lucy bereits kurz nach ihrer Geburt. Wanda und Dora sind im Adressbuch Stralsunds von 1924 noch mit Wohnort bei den Eltern vermerkt. Wanda heiratete 1923 Otto Sielaff.

Gertrud lernte bei der Deutschen Post und arbeitete danach als Postbeamtin in Stralsund. Käthe erlernte den Beruf einer Kontoristin. Ihre Tochter Margret kam 1927 in Elberfeld/ Nordrhein-Westfalen zur Welt.

Der Machtantritt der Nationalsozialisten brachte die Töchter wieder nach Hause. Gertrud und Dora verloren wegen ihrer jüdischen Abstammung ihre Arbeitsstellen. Gertrud wurde im Jahr 1933 nach 18 Jahren Dienst ihre Arbeitsstelle bei der Post in Stralsund gekündigt und Dora musste ihre Büroarbeit in einem Stettiner Warenhaus aufgeben. Gertrud zog zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Dora nach Hamburg und beide sicherten sich dort ihre Existenz mit einem Mittagstisch für Studenten. Gertrud erscheint in den Hamburger Adressbüchern von 1941 bis 1952 als Inhaberin einer Pension in der Rothenbaumchaussee 34 und unverheiratet.

Käthe fand in Stralsund keine neue Arbeit, lebte zuerst im Haus ihres Vaters, Mühlenstraße 11, später dann zur Miete in der Nr. 17. Während ihrer Stralsund-Zeit ging sie eine Beziehung zu dem nicht-jüdischen Musiker Otto Warsany ein, der im Philharmonischen Orchesters des Theaters Stralsund engagiert war. Diese Beziehung endete, als die Verwaltung bewusst den Arbeitsvertrag des Musikers nicht verlängerte und Warsany auf der Suche nach einer Anstellung die Stadt verließ. Käthe und ihre Tochter verließen Anfang September 1939 ebenfalls Stralsund und zogen nach Berlin66.

John Ely Horneburg war einer der wenigen Juden Stralsunds, der sich vehement und wiederholt gegen die Unterdrückung, Hetze und Demütigungen durch die Nationalsozialisten zur Wehr setzten. Davon zeugen zahlreiche Briefe im Stadtarchiv Stralsund77. Sie zählen heute zu den wertvollsten Dokumenten Stralsunds, wenn es um die Darstellung der gesellschaftlichen Verhältnisse jener Zeit geht.

Mit der “Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom 12. November 1938 wurde John Ely die rechtliche Basis seiner Geschäfte entzogen. Er musste die Schlüssel für sein Lager an den Bücherrevisor Fischer herausgeben, der ab Januar 1939 John Horneburgs Geschäft „abwickelte“. Diese Abwicklung verlief alles andere als zu John Horneburgs Gunsten. Nicht nur, dass der Abwickler die besten Stücke bereits vor der offiziellen Versteigerung im damaligen “Hotel Brandenburg”, Mühlenstraße, zu Geld machte. Die restlichen Stücke wechselten dann während der Versteigerung zu übertrieben niedrigen Preisen den Besitzer. So gelangte auch das Stralsund-Museum zu weiteren Stücken aus der Sammlung Horneburg. Der Reinerlös der Abwicklung belief sich auf 4.719,25 Reichsmark88 und wurde anschließend noch gemindert, weil aus diesem Erlös der Abwickler sein Entgelt erhielt und die „Judenvermögenssteuer“ bezahlt werden musste.

Die Auszahlung des Restbetrages verzögerte sich über Monate wegen Differenzen zwischen Stadt und Abwickler hinsichtlich der Rechnungslegung des Letzteren. Noch im September 1939 musste John Horneburg beim Oberbürgermeister wegen der Auszahlung des Erlöses nachfragen. Mit Schreiben vom 23. Oktober 1939 wies dann die Ortspolizeibehörde den Bücherrevisor an, John Horneburg 2.364,69 Reichsmark auszuzahlen.

Die beiden Häuser, die John Ely Horneburg in Stralsund besaß, wurden ihm von den Nationalsozialisten “abgekauft”. Im März 1940 siedelten John und Karoline Horneburg nach Hamburg über und überlebten den Weltkrieg, entgegen früheren Plänen, die eine Auswanderung in die USA vorsahen, in der Nähe der Töchter.

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten beide nach Stralsund und Rügen zurück. John Ely Horneburg stellte 1945 den Antrag auf Anerkennung als “Opfer des Faschismus” und im Rahmen der Wiedergutmachung einen Antrag auf Rückgabe der Grundstücke Semlower Straße 1 und Mühlenstraße 1199.

Das Haus, welches die Horneburgs in der Poststraße in Göhren besaßen, war in ihrem Eigentum verblieben und wurde für die letzten Lebensjahre von John Ely und seiner Frau zu ihrer Heimat. Beide verstarben in Göhren: 1947 Karoline und John, hochbetagt, am 21. Februar 1951.

Quelle:

  1. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18, Nr.0436, Auflösung jüdischer Geschäfte
  2. Wohnungsanzeiger Stralsund
  3.  Adressbuch für Hamburg, 1935-1955
  4.  Eberhard Schiel: Braune Schatten überm Sund, Scheunenverlag, Saal/Mecklenburg, 1999
  5.  Stadtarchiv Stralsund, Rep.24, Nr. 4588c, Erteilung von Genehmigungen für Grundstücksverkäufe gemäß Gesetz über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten, 1938-1941
  6. Stadtarchiv Stralsund, Nachlass Genz, NGenz 16, Schreiben J. Horneburg an OB Dr. Heydemann wegen Werbeverbot
  7. Sonderausstellung „Von mehr Leid Liedlein singen“, Kuratiert von Frau Dr. Nehmzow, Museumshaus Stralsund, Stralsund-Museum, 23.03.2021-03.10.2021
  8. Privatsammlung Biederstaedt, Fotos von und zu Rügen.
  9. Urenkel John Ely Horneburgs.