Vorname Hildegard Hedwig Luise
Nachname Petrick, geb. Barthel
Geburtsname Barthel
Geburtsdatum 16.07.1907
Geburtsort Stralsund
Wohnort(e)
  • Stralsund, Frankenstraße 5
  • Stralsund, Alte Rostocker Straße 8
Beruf Hausfrau
Geschäftsadresse
Familienstand verheiratet
Verwandschaftsverhältnis Ehefrau von Erich Petrick (1908-1945), Muter 1 Sohnes
Deportation keine, Überlebende
Todesdatum 08.11.1990
Sterbeort Stralsund

Hildegard Petrick und Familie

Hildegard Hedwig Luise Petrick wurde am 16. Juli 1907 als älteste Tochter des nichtjüdischen Stralsunder Fotografen Richard Barthel und seiner jüdischen Ehefrau Flora, geb. Abrahamsohn geboren. Sie lebte mit ihren Eltern in der Frankenstraße 5, einem Haus, welches der Familie Barthel bereits seit Ende des 19. Jh. gehörte. Wie ihr Vater wurde Hildegard evangelisch getauft und besuchte später die städtische Hansa-Schule, ab 1925 „Staatliche(s) Oberlyzeum mit Frauenschule“ genannt.

Im Dezember 1933 heiratete Hildegard den nichtjüdischen Kaufmann Erich Petrick aus Krauschwitz in Sachsen. Er führte in Stralsund, in der Langen Straße 65, ein Geschäft für Schuhmacherbedarf1. 1938 erscheint die Familie Erich Petrick mit der Wohnanschrift Alte Rostocker Straße 8 im Stralsunder Wohnungsanzeiger. Dieses Haus hatte Erich im Jahr davor gekauft und hier blieben Petricks bis in die 1970er Jahre wohnen.

Ihre jüdische Herkunft wurde für Hildegard erst zum Problem nach den Nürnberger Rassegesetzen. Sie erscheint in der Liste der „Juden und jüdischen Mischlinge“ vom Dezember 1938, die die Stadtverwaltung zusammenstellte. Auch ihr Ehemann Erich wird in die „Liste über jüdische Elternteile“ vom 6. Dezember 1938 aufgenommen.

1939 kam ihr gemeinsamer Sohn auf die Welt. Anfang Januar 1940 wurde ihre Mutter, Flora Barthel, nach Theresienstadt deportiert. Im gleichen Jahr wurde Erich Petrick trotz seines kranken Herzens eingezogen und musste an die Front nach Frankreich. 1943 geriet er in Kriegsgefangenschaft und verbrachte eineinhalb Jahre in einem Lager in Bessarabien.

Hildegard ernährte sich und ihren Sohn durch das Unterstützungsgeld, das ihr wegen des Fronteinsatzes ihres Ehemannes gezahlt wurde. Dem Schicksal der Deportation entging sie, aber auch sie musste als „Mischling 1. Grades“ in den letzten Kriegsmonaten Zwangsarbeit in einer Stralsunder Fischfabrik leisten. Als am 6. Oktober 1944 anglo-amerikanische Bomber ihre Last über Stralsund entluden, gehörten Hildegard und ihr Sohn zu den Verschütteten, die sich im Keller unter dem Haus Alter Markt 9 befanden. Glücklicherweise konnten nach mehreren Stunden Bergungsarbeit alle gerettet werden.

Drei Monate nach Kriegsende kehrte Erich aus der Gefangenschaft zurück. Sein Gesundheitszustand hatte sich weiter verschlechtert. Nur wenig später musste er ins Städtische Krankenhaus und starb dort am 3. November 1945. Hildegard blieb mit ihrem sechsjährigen Sohn allein zurück. Ihren Lebensunterhalt sicherte sich Hildegard Petrick durch eine kleine Rente, ungelernten Arbeiten, u.a. als Trichinenbeschauerin auf dem Schlachthof oder als Bürohilfe in der benachbarten Autowerkstatt. Erst in den 1950er Jahren schloss sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau ab und arbeitete danach in diesem Beruf.

Hildegard Petrick starb am 8. November 1990 in Stralsund. Ihre Nachkommen leben heute in Erlangen und in Stralsund.

Quellen:

  1. Wohnungsanzeiger Stralsund 1928-1951
  2. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18 Nr. 432, 435
  3. Geburts-, Ehe- und Sterberegister Stralsund
  4. Ergebnisse des Bevölkerungszensus von 1939, dargestellt im Projekt „Mapping the lives“, abrufbar unter: www.mappingthelives.org
  5. Familie
  6. Stadtarchiv Stralsund, Po 4*931–11, Jahresberichte der Städtischen Höheren Mädchenschule Stralsund, 1914-1918, 1924-1930

1Diese Angabe beruht auf Aussagen des Sohnes. Eine Geschäftsadresse ließ sich im Wohnungsanzeiger nicht finden. Es spricht allerdings einiges dafür, da sich an dieser Adresse in den Adressbüchern von 1930 bis 1937 ein Herr Ernst Walter sen., Lederhändler, nachweisen lässt.