Vorname Erich
Nachname Reinhardt
Geburtsname
Geburtsdatum 29.07.1901
Geburtsort Anklam
Wohnort(e)
  • Stralsund, Heilgeiststraße 92
Beruf Kaufmann Möbelhandel
Geschäftsadresse Heilgeiststraße 92, Stralsund
Familienstand alleinstehend
Verwandschaftsverhältnis unehelicher Sohn von Sally Moritz (geb. 1873) und Elisabeth Behrbaum, Adoptivsohn von Karoline Reinhardt, geb. Wegner
Deportation keine, Überlebender
Todesdatum unbekannt
Sterbeort unbekannt

Erich Reinhardt

Erich Max Walter Reinhardt wurde am 29. Juli 1901 als unehelicher Sohn des jüdischen Kaufmannes Sally Moritz (geb. 1873 in Königsberg) und der Nichtjüdin Elisabeth Behrbaum in Anklam geboren. Im Alter von zwei Jahren wurde er in die Stralsunder Familie Reinhardt in Pflege gegeben. 1918 adoptierte ihn seine bisherige Pflegemutter Karoline Reinhardt, geb. Wegner.

Erich Reinhardt besuchte die Knabenmittelschule in Stralsund und begann danach eine kaufmännische Lehre im Lebensmittelgeschäft Erich Behl in Stralsund. Nach dem Ende der Lehre arbeitete Erich ein halbes Jahr in der Drogerie des Stralsunder Drogisten Paul Holtz bevor er in das Möbelgeschäft seiner Adoptivmutter Lina Reinhardt in der Heilgeiststraße 92 als Kaufmann eintrat. Nach dem Tod seiner Adoptivmutter verkaufte er das Möbelgeschäft und eröffnete im Dezember 1928 auf dem geerbten Grundstück ein Fremdenheim.

Im August 1938 beantragte Erich Reinhardt das Aufgebot zur Eheschließung mit der Nichtjüdin Hertha Margarethe Käte Klempin (geboren am 9.05.1913 in Stralsund). Erst zu diesem Zeitpunkt wurde er mit seiner jüdischen Abstammung konfrontiert, da er seine Herkunft nachweisen musste und erneute Nachforschungen beim Amtsgericht Anklam die Vaterschaft des jüdischen Kaufmanns Sally Moritz aus Königsberg ergaben. Die Ankündigung der Eheschließung wurden daraufhin vom Standesamt abgebrochen.

Am 8. November 1939 beantragte er dennoch eine Genehmigung zur Eheschließung, die ihm auf der Basis des „Gesetz(es) zur Reinhaltung des deutschen Blutes“1 am 16. Dezember 1940 durch den Reichsminister des Inneren endgültig versagt wurde. Er hatte außerdem die 10 Reichsmark Verwaltungsgebühren zu tragen. Der Entscheidung vorangegangen waren umfangreiche Gutachten vom Gesundheitsamt, der Kreisleitung der NSDAP und der Ortspolizeibehörde. In der Stellungnahme des Oberbürgermeisters als Ortspolizeibehörde heißt es: „Reinhardt besitzt in körperlicher und seelischer Hinsicht ausgeprägte jüdische Merkmale und wird sie höchstwahrscheinlich auf die Kinder vererben…“2.

Seit 1934 war Erich Reinhardt aktives Mitglied der NS-Volkswohlfahrt, des Opferrings, des Reichsluftschutzbundes und seit 1937 der NSDAP. Nach Bekanntwerden seiner jüdischen Abstammung wurde er umgehend aus diesen Organisationen ausgeschlossen und erschien auf der am 6. Dezember 1938 von der Stadtverwaltung angelegten Liste der Mischlinge3.

Erich Reinhardt überlebte den Zweiten Weltkrieg in Stralsund. Der Wohnungsanzeiger von 1951 weist ihn weiterhin als Inhaber des Fremdenheims in der Heilgeiststraße 92 aus. Das Schicksal von Hertha Klempin ist nicht bekannt.

Quellen:

  1. Stadtarchiv Stralsund, Nachlaß Höwing, NHöw 135, Beitragsfolge zur Jüdischen Gemeinde 1987, veröffentlicht in: Der Demokrat, Tageszeitung, 1987
  2. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18, Nr. 435, Liste der Juden Stralsunds
  3. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18, Nr. 432a

1 Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes vom 14. November 1935.
2 Vgl. dazu: Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18, Nr. 432a
3 Der Terminus „Mischling“ stammt aus der nationalsozialistischen Rassentheorie und bezeichnet
Personen mit einem jüdischen Elternteil und zwei jüdischen Großelternteilen.